zap veröffentlicht Studie zum Nihil Obstat Verfahren

Wer auf eine Professur für katholische Theologie an einer Universität berufen wird, braucht die offizielle Lehrerlaubnis des Vatikans – das Nihil Obstat. In einer Studie, die im Auftrag von AGENDA – Forum katholischer Theologinnen e.V. vom Zentrum für angewandte Pastoralforschung, zap, der Ruhr-Universität Bochum durchgeführt wurde, haben nun erstmals Theologieprofessor:innen über ihr Erleben des Nihil-Obstat-Verfahrens und seine Auswirkungen auf ihr Forschen und Leben berichtet.

Alarmierende Ergebnisse

Die Ergebnisse sind alarmierend: Die Intransparenz der Entscheidungen, die oftmals lange Verfahrensdauer und der ungewisse Ausgang erzeugen Angst und Druck.

Schon die Existenz der Studie an sich ist extrem wertvoll, weil sie zum ersten Mal mit Zahlen unterfüttert, was sonst nur anhand von Einzelfällen unter Theolog:innen diskutiert wurde. Die hohe Rücklaufquote von 39 % der Professor:innen im DACH-Raum sowie die große Mitteilungsbereitschaft von über 100 Personen bei den offenen Fragen zeigen die Auswirkungen, die unter den Betroffenen mit dem Verfahren verbunden sind.

„Wir freuen uns über die hohe Beteiligung an der Studie. So können wir repräsentative Aussagen über das Erleben des Nihil-Obstat Verfahrens treffen. Die Ergebnisse zeigen, dass das Nihil Obstat in zwei Dritteln aller Verfahren ohne Rückfragen oder Beanstandungen gewährt wurde. Seit den 1990er Jahren geht der Anteil der kirchlichen Einwände stetig zurück. Zugleich sind Verfahrensdauer, Kommunikationswege und Lösungen sehr unterschiedlich. Theolog:innen lassen sich durch ein bevorstehendes Verfahren unterschiedlich stark beeinflussen, wobei sich bemerkenswerterweise gerade jüngere Kohorten in ihrer wissenschaftlichen und kirchenpolitischen Positionierung einschränken“, berichtet Dr. Miriam Zimmer, Leiterin des Zentrums für Pastorale Evaluation am zap.

Drei Ergebnisse stechen besonders hervor:

1. Das gesamte Verfahren wird als eine „Black Box“ empfunden, weil es keine Transparenz oder standardisierte Schritte gibt. Klare Kommunikationsstrukturen existieren weder für eventuelle Nachfragen oder Beanstandungen noch für deren
Lösung.

2. Das Verfahren diskriminiert, denn mehr Frauen als Männer bekamen Rückfragen und Beanstandungen.

3. Das Verfahren ist, eben gerade auch bedingt durch dessen Intransparenz und Unwägbarkeiten, mit Angst und Druck verbunden. Teilnehmende an der Studie berichten,

– dass zu bestimmten Themen nicht geforscht und publiziert wird,
– dass die eigene Lebensform geheimgehalten wird,
– dass existenzielle Entscheidungen wie die Gründung einer Familie, der Erwerb einer Immobilie oder die gemeinsame Karriereplanung in einer Partnerschaft nicht getroffen werden können, weil unklar ist, ob und wann mit dem Erhalt des Nihil Obstats gerechnet werden kann.

Damit erhärtet die Studie die bestehenden Erfahrungen und Vermutungen, dass Schwierigkeiten im Nihil-Obstat Verfahren an drei Markern festgemacht werden können: an Forschungsthemen, am Geschlecht und an der Lebensform. 41 % der Befragten stimmen ganz oder überwiegend der Aussage zu, dass sie Wissenschaftler:innen abraten würden, in ihren Qualifikationsschriften Themen zu bearbeiten, die den späteren Erhalt des Nihil Obstats
gefährden könnten.

„Als AGENDA stehen wir für die Stärkung von Frauen in der theologischen Wissenschaft und setzen uns für mehr Transparenz und Sicherheit ein. Das Verfahren sollte in allen Phasen standardisiert werden. Gerade Rückfragen und Beanstandungen brauchen Regeln und verlässliche Kommunikationsstrukturen. Die Studie verdeutlicht, dass sich die ‚Black Box‘ des Verfahrens in das kulturelle Gedächtnis der akademischen katholischen Theologie festgesetzt hat. Hier braucht es weitere Forschungen sowie Veränderungen im Verfahren.“, fordert Prof. Dr. Gunda Werner, Vorsitzende der Theologinnenvereinigung AGENDA, die die Studie beauftragt hat.

Hier finden Sie die Studie.

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